Über Inspiration, das Schreiben, das (Vor)Lesen, Bücher, Filme, Musik und den ganzen Rest: Von Kriegen und Frieden, und auch vom niemals zufrieden oder je ganz fertig genug sein. Kann Spuren von Drogen enthalten.
Ein einseitiger Briefroman in Fortsetzungen
(2002-2004)
(Zur Vorrede und Teil I hier entlang.)
Datum: [Mai 2003]
Betreff:
Hi M.,
danke für die schnelle antwort, hat mich sehr gefreut. Ich sitze gerade im büro und gehe der kapitalistischen verwertungslogik nach. Das sieht im moment so aus, dass mein chef im urlaub ist und ich hier den laden-hüter spiele. Nachdem alle arbeit getan ist, die ich für heute geplant habe, und ich schon ewig im netz gesurft bin, mir u.a. die neue [Literatur-Website]-seite angeschaut habe und 13 von circa 800 google-seiten zum thema social-beat gelesen habe, dachte ich mir, schreibe ich doch mal der m. eine antwort, sie hat`s verdient, die fleissige.
Um mein gehirn zu trainieren und dich an meinem leben teilhaben zu lassen, werde ich jetzt mal versuchen, meine letzten tage zu rekapitulieren. Wenn dich das nicht interessiert, überspringe einfach die nächsten absätze.
Am ersten mai war ich gewohnheitsgemäß nicht in kreuzberg. Ich habe mir das ein paar mal angeschaut, bin dann aber dazu übergegangen, ein straßenfest zu besuchen, welches von einer mir bekannten antifa-gruppe organisiert wird (bandito-clan). Letztens kam ein western im fernsehen, der im originaltitel „support your local sheriff“ hieß. Im rahmen meiner neuen tätigkeit als titel-erfinder fordere ich nun „support your local antifa“-bis zu einem gewissen grad und alter. Dort war es ziemlich lustig, erstaunlicherweise trocken (zumindest was den regen betrifft) und es gab mittelmäßige musik, bier und sehr leckere falafel. Da wir keinen bock hatten, ständig nach den hunden zu schauen und eine der sachen, die k.[Hund] relativ sicher beherrscht, das „nicht über die straße gehen“ ist, dachten wir uns, lass sie laufen.
Und sie lief und lief. Hundeparadies. Ab und zu habe ich sie an einem würstchenstand gesehen, und ab und zu kam sie auch mal vorbei um uns zu sagen, dass es ihr ganz gut geht. Interessanterweise stellte sich auch am nächsten tag keine magenverstimmung, auf die ich hunderte euro gesetzt hätte, ein. Deine ersten-mai-erfahrungen passen übrigens ins bild (aus wiesbaden kommen diese steinewerfer also immer *g*) ich hatte den eindruck, dass der erste mai relativ harmlos war im vergleich zu den jahren davor. Natürlich nicht für die, die festgenommen wurden, und je nach haarfarbe in bestimmten stadtgebieten wieder freigelassen wurden (ein freund von mir, mit einem kunstvoll aufgerichteten bunten Iro wurde mal nach einer demo mitten in der nacht in hohenschönhausen ausgesetzt, ost-plattenbauten, nazis usw.) es gab auch gefühlt weniger bullenpräsenz in der stadt, früher fuhren die ausländischen wannen immer schon eine woche vorher mit stadtplan durch kreuzberg, um sich zu orientieren (die bayern hatten natürlich in ihren heckfenstern blau-weiße fahnen). Und es sind immer die gleichen orte: mauerpark, rund um die o-strasse. Na ja, dann gab es noch eine sehr coole party von leuten aus meinem haus, die in einem kunstverein sind und gute kontakte zu einem hausverwalter haben. Der sagt ihnen bescheid, wenn ein haus zwecks sanierung leer ist, und dann haben sie zwei monate zeit, dort projekte zu machen. Der hauptact war am wochenende nach dem ersten mai, und die leute haben sich echt mühe gegeben. Jedes wohnung wurde von einem anderen team gestaltet, meist sah das so aus: großes zimmer party- und auftritts bzw. -legraum, kleines zimmer zum chillen, küche als bar. Aber da gab es je nach team eben auch andere präferenzen. Kombiniert wurde das ganze „hotel stundenglück“ mit ausstellungen, videoprojekten und einem bereich wo man sich zurückziehen konnte und stundenweise selbst die macht über die zimmer bekam. […]
Das dumme an der ganzen sache war nur, dass die veranstalter eine recht gute pressearbeit gemacht haben, um zehn, ankunftszeit, standen circa 150 menschen vor dem haus, zum glück war die strasse vorher abgesperrt. Die türsteher machten ihren job, sie standen die meiste zeit und ließen keinen rein. Das fand ich erst gut, als ich drin war und merkte, dass es draussen voller war. Im nachhinein eine gute entscheidung mit den türstehern, da man sich dadurch drinnen bewegen konnte.
Um halb drei, zeitpunkt des verlassens der party, standen circa 300 menschen auf der straße, und mindestens genauso viele kamen uns entgegen vom u-bahnhof. Das war übrigens das erste mal seit langer zeit (du erinnerst dich vielleicht an die „ich geh nicht weg“-phase, – sie wurde jäh unterbrochen, doch jetzt ist sie aufgrund verstärkter arbeitszeiten und der benötigten erholung wieder da), dass ich mal wieder „downtown prenzlberg“ war. Dort laufen in einer Samstag nacht wirklich unglaublich viele jugendliche rum, von nah und fern. Tja.
Als nächstes stand ein weiteres kicker-turnier an, in einem ziemlichen punkerschuppen, wo sehr gute freunde von mir, die die auch in meinem haus wohnen und k.s[Hund] großeltern sind, sozusagen, ihre jugend verbracht haben. Ein „selbstverwaltetes jungendzentrum“, das älteste berlins. Und ich bin vierter geworden, so weit war ich noch nie. So kanns kommen. Glück im los, sozusagen.
Dann kam der tag mit dem picknick, davon habe ich ja glaube ich schon erzählt, und vorgestern war ich auf einer sehr netten privaten geburtstagsparty, sehr laut, sehr viel bier & andere rauschmittel, und sehr viele schwule kölner, das geburtstagskind kam aus köln. Dazu dann noch ein paar französische juden und russische liedermacherinnen. Manchmal frage ich mich, in welchen katalogen sich bekannte von mir ihren freundeskreis aussuchen, das wirkt sehr erlesen. Zwischen dem Picknick und dem Kickerturnier kam irgendwann noch mal mein direkter nachbar vorbei und fragte, ob wir lust hätte zu grillen, natürlich hatten wir. Das entwickelte sich dann zu einer hinterhof-hausparty mit einer netten anekdote: wir heizen in berlin ja teilweise noch mit kohlen, und es gibt nicht nur briketts, sondern für sogenannte „allesbrenner“ auch sogenannte „eierkohlen“. Da die grill-idee eine spontane war, wurde beschlossen, mit diesen eierkohlen zu grillen. Das war keine gute idee, binnen minuten war der kleine enge hof blau, man hörte nach und nach energisches fensterzuklappen und murren. Dazu kam noch, dass es einen sehr eifrigen grillmeister gab, der die ganze zeit mit einer bierpalettenpappe das feuer wedelnder weise anfachte. Kennst du auch so typen, die mit wahrer begeisterung bei solchen party-aktivitäten aufgehen? Es fand sich dann auch recht schnell jemand, der noch fahren konnte und von der tanke holzkohle holte.
Dieses erlebnis brachte mich zu dem vorhaben, mehr über kohle rauszufinden. Bisher ist es nur ein vorhaben, aber diese steinkohle-braunkohle-holzkohle-eierkohle-brikett-Thematik ist glaube ich gut geeignet, um bei der nächsten party mit unnötigem Halbwissen leute zu langweilen. Nach dem picknicken habe ich mir übrigens noch mit einem freund mal wieder lammbock angeschaut, und während der film im hintergrund lief, haben wir uns, beide SEHR gut mit gras versorgt, mal darüber unterhalten, wie man sich selbst so sieht, wenn man bekifft ist. Laberflash, um nur ein thema anzuschneiden… Und jetzt sitze ich also im büro. Das gute daran ist, dass inzwischen das wetter auch nachgelassen hat, wobei es immer noch nicht wirklich geregnet hat. Das ist ein insider-gag hier, seit wochen werden im wetterbericht gewitter oder mindestens regenschauer angkündigt, aber die finden woanders statt.am rande habe ich gehört, dass es münchen wieder erwischt haben soll.
Jetzt aber mal zum ernsten teil: ich bekomme langsam ein wenig angst, was die ähnlichkeit deiner gedanken mit meinen betrifft. So geht das nicht weiter! Eine hausaufgabe für frau m.: be different. Diese hausaufgabe wird in zwei wochen kontrolliert. Denn ich glaube, ich werde mich nach wiesbaden/mainz aufmachen. Und da ich auch angst vor deinen kontakten zur russischen mafia und irgendwelchen mongolengangs, deren ideologie du scheinbar anhängst, habe, nehme ich dein angebot an :). Ich werde auch brav versuchen, mit tapeten und zimmerpflanzen zu assimilieren, um das biotop kleiststrasse nicht durcheinander zu bringen. Noch bin ich am überlegen, ob ich mich am mittwoch, 28. mai, aufmache, oder erst am Donnerstag. Für den Mittwoch würde sprechen, dass abends im rahmen der minpresmes im schlachthof ein slam ist! Und da mir jemand mal erzählte, dass man dort hingehen sollte….
Kommt natürlich auch darauf an, wie es dir passt, und bei dieser aussage verlange ich jenseits der gastfreundschaft auch ehrlichkeit. Den rückweg wollte ich dann am Sonntag antreten. Hätten wir also vier tage, wo wir uns anschweigen können, denn so viel, wie wir uns schon gesagt haben (60 seiten, nicht schlecht. Da hinterlassen wir den zukünftigen ambitionierten germanisten, die den legendären briefwechsel der in nur einem kleinen kreise bekannten aber dennoch genialen literatin m. editieren wollen, einen haufen arbeit. Weiter so! (ich wollte es ja nicht zugeben, aber auch ich hab`s aufgehoben) War hier eine klammer? : -)
Ich bin echt ziemlich gespannt auf diese begegnung. Der hund bleibt hier in berlin, ich bin ja nicht der einzige (hab mich eben voll verschrieben, und beim anblick der verschreibung fiel mir ein künstlernamen ein, den ich schon so lange gesucht habe: Der 1 ziege. Was hälst du davon?) erziehungsberechtigte dieses hundes. Wie du vielleicht aus schriftlichen äußerungen von mir schon entnehmen konntest, lebe ich in einer stinknormalen langzeitbeziehung, sogar mit zusammen wohnen und so.
Falls du da sein solltest, wenn ich komme, musst du mir erzählen, wie es kommt, dass die leute dich für ein sicherheitsrisiko halten (wer sich selbst zum sicherheitsrisiko für den jeweiligen staat erklärt hat angst vor dem sicherheitsrisiko m. – sei stolz! *g*).
Die sachen mit dem strebertum ist bei mir nicht ganz so ausgeprägt wie du vielleicht denkst, eigentlich reicht es mir meist auch, durchzukommen, aber wenn ich ein gutes gefühl bei einer sache habe, und das dann nicht in erfüllung geht, dann ist`s doof. Und wenn ich mir eine 2,0-hausarbeit aus meinem sagen wir mal vierten semester anschaue, dann finde ich schon, dass die arbeit, die ich jetzt geschrieben hatte, mehr verdient hätte. Aber eigentlich ist die aufregung darum auch schon lange vergessen, schnell kam die einsicht, dass man sich immer irgendwelchen subjektiven meinungen unterordnen muss, meist leider nur nicht den eigenen.
So, ich gehe jetzt nach hause. Ich hoffe der kuchen hat dir geschmeckt und dein wochenende war gut & erholsam. Wenn nicht, das nächste wochenende kommt bestimmt.
Bis bald
S.
Ps. Ist deine [Literatur-Website]-diskussion ein versteckter hinweis auf dein neues schreib-projekt?
Datum: [Mai 2003]
Betreff:
Hallo M.,
sorry, ich bin kein geheimverschwörungsfantiker-rekrutierer, der mit hilfe versteckter codes neue anhänger wirbt, deren eignung mit hilfe des lösens des codes geprüft wird. (das ist übrigens die standard-ablehnungsphrase für die bewerber, die es nicht geschafft haben *g*).
ich hatte die mail ja im büro geschrieben, und für dieses vergehen bin ich damit gestraft worden, dass die anführungszeichen – richtig geraten – in komische zahlenkombinationen umgewandelt wurden. Irgendwelche kompatibilitätsprobleme, vermute ich mal laienhaft. aber ich denke eigentlich, du müsstest bei solchen problemen bescheid wissen, schließlich kennst du geheime orte im internet, wo es anagramm-generatoren gibt. das finde ich ja supergut, ANAGRAMM-EDITOREN. gib mir mal einen tipp, wo ich die finden kann. was ich ja noch besser finde, sind die wörter, die von vorne und hinten gelesen das gleiche ergeben. und da sieht man, dass fernsehen bildet, es gab mal eine simpsons-folge, in der lisa in so einem streberclub ist… brauch ich dir wohl nicht weiter zu erzählen, kennst du bestimmt. ich sage nur: reliefpfeiler! ob es dafür auch generatoren im internet gibt?
zu meinen super-freizeitaktivitäten(langsam wird das übrigens ein wenig viel, aber jetzt komm ich da nicht wieder raus, morgen feiert eine freundin einweihungsparty, dann kommt ein freund aus hamburg vorbei…, späte rache): neeee, das war nicht alles an einem abend, obwohl man, und da hast du recht, das in berlin auch alles an einem abend machen könnte, rein theoretisch, aber dazu müsste der abend so circa 48 stunden lang sein, oder das klonen wäre billiger. andererseits aber hast du in berlin zwar sehr viele möglichkeiten, was zu tun, aber erstens hast du nicht die kohle, alles zu machen was du willst, und zweitens wird man auch ganz schön faul, oder ist es von vornherein schon. ich mache jetzt rein quantitativ auch nicht mehr, als ich in meiner kleinstadt-jugend gemacht habe.
Also, keine Angst, enttäuscht werde ich nicht sein, solange man nette gesellschaft hat, ist der abend gerettet. und außerdem habe ich ja auch noch zu tun, wenn’s gar nicht anders geht :). um auf deine frage zu kommen (jetzt komm ich wohl nicht mehr drum rum): wenn du den stress auf dich nehmen willst und alle anderen auch, dann würde ich schon lesen (hatte eine ziemlich lange pause, muss ich wohl jetzt anfangen zu üben). aber nur wegen mir brauchst du es echt nicht übers knie brechen, es ergibt sich bestimmt später auch noch mal was. keine hektik. falls es allerdings stattfinden soll, kannst du gerne irgendwelche präferenzen äußern, irgendeinen text, den du hören willst oder so. sag bescheid. Ich beglückwünsche dich zu deinem perfekten tag und gratuliere dir zur baumstammsurfen-meisterschaft. allerdings finde ich deine individualismusfeindlichkeit etwas zu schroff. *g*. manchmal gehen mir zu viele leute auch auf die nerven, aber ich weiss, was du meinst, wenn man selbst irgendwie verschwindet, ist das schon ein nettes gefühl. ich habe als kind irgendwann mal so ein propaganda-buch gelesen über den abwurf der atombombe über hiroshima, und in dem buch stand, dass die piloten, um nicht zu realisieren was sie tun, trainiert haben, an gar nichts zu denken. das fand ich damals irgendwie lustig und habe es auch versucht, sozusagen meditationsversuche verursacht durch sozialistische propaganda. das hätten die wohl auch nicht gedacht. als es das erste mal geklappt hat, fand ich war das sehr cool.
Du bekommst übrigens ein fleißbienchen für die vorbildlich gemachten hausaufgaben. und jetzt wird’s kniffliger, da fällt mir nämlich gerade ein film-zitat ein, mal schaun ob du es kennst: „willst du jetzt ein fleißkärtchen haben?“ ich bin gespannt.
übrigens, von wegen schräge leute kennen lernen: dieser eine typ, von dem ich im zusammenhang mit der party geredet habe, ist, wie mir die partyveranstalterin nach der party erzählte, ein filmproduzent, der in la sein office hat und u.a. triple x produziert hat (hab ich zwar nie gesehen, hört sich aber schon ziemlich protzig an). gestern waren die beiden mit sönke wortmann essen. sachen gibt’s…
ich denke, dass ich mich dann auch schon am mittwoch auf den weg machen werde. parkplatzprobleme sind allerdings eine dumme sache, vor allem mit einem volvo. ist in berlin aber generell auch so, hier ist nur das glück, das direkt vor meinem haus ja die hochbahn fährt, und da drunter kann man gut parken. allerdings wäre es schon gut zu wissen, ob es eine realistische chance gibt, irgendwo in der näheren umgebung zu parken, oder ob man erst drei stationen mit dem bus fahren muss. und ist es dann vielleicht sinnvoll, wenn ich mein fahrrad mitnehme? ich weiss ja nicht, wie man sich normalerweise in wiesbaden fortbewegt.
es gibt zwar keine eifersuchtsdramen hier, da mache ich mir keine sorgen, allerdings bekomme ich ein wenig angst, wenn ich mir die berufsqualifikationen deines freundes anhöre *g*. na ja, schaun mer mal.
also, bis bald
s.
ps. ein ziegenbart – nähäähää.
Datum: [Mai 2003]
Betreff:
Keine Begrüßung, direkter Einstieg: Ein schöner Text. Es wurde mir wieder bewusst, was ich an deinem Stil mag. Dieses leicht absurde, selbst bei sich klingeln und dann angst haben, dabei beobachtet zu werden: herrlich, weil es ja genauso ist. wenn man bei sich selbst klingelt, dann macht man anderen leuten, die einen dabei sehen, keinen vorwurf, wenn sie mal eben bei den herren mit den jacken, die zu lange ärmel haben, anrufen. wir leben in einer komischen welt, und sind selbst komisch.
übrigens, mal kurz vom thema abschweifend: als ich noch ziemlich neu in Berlin war, fragte mich jemand in der U-Bahn, ob „Bonnys Ranch“ schon vorbei war. Ich kombinierte ziemlich schnell, dass dieser Mensch eine Station meinte, und schaute auf den Plan, der in der Bahn hing. Ich fand aber beim besten Willen kein Station mit dem Namen „Bonnys Ranch“ und zuckte mit den Schultern. Dann blickte mich der Typ an und sagte „Na du bist wohl nicht von hier, wa?!“. Als ich dann die Karte näher betrachtete, wusste ich, was er meinte: die Dietrich-Bonhoeffer-Nervenklinik. Bonnys Ranch!
Aber weiter im Text, oder mit ihm: Auch das fiese-Bemerkungen-unter-dem-Tisch-austragen und diese Klingelgeschichte ist so WAHR – es ist ja nicht für einen persönlich, wenn dieser blöde Werbeprospektverteiler klingelt. Ich hoffe, dass diese Berufsgruppe auch unter die Kategorie „Postbote“ fällt und häufig von Hunden gebissen wird ; -)
Ein wirklich schöner Text mit einer Thematik, die mir sehr bekannt vorkommt, ich habe auch oft überlegt, diese Paranoia mal irgendwie zu verarbeiten. doch bevor wir zu den hausaufgaben kommen, wollte ich noch kurz abschließend zu dem wirklich guten text sagen, weiterschreiben wäre interessant, und meine favorite-formulierung ist: „niemals nicht“. Also, mein Zitat war aus Snatch. Kennst du bestimmt, oder? Aber „Draußen ist feindlich?“ Ehrlich gesagt, da fällt mir nichts ein. Ist aber auch schon spät. Also, auch ich habe verkackt. Es steht 1:1. Aber dafür hat mich das lesen deines Textes dazu bewegt, auch endlich mal wieder mit dem arsch hoch zu kommen und was zu schreiben. ich habe nämlichen ein wenig befürchtet, dass dieser kleine Schreibblockadenkobold wieder unter meinem Bett eingezogen ist. Und irgendwie wurde ich wohl auch angehext, denn zuerst kamen zwei komische Gedichte aus mir raus. Und so was mache ich ja nicht. Früher mal, klar, als man noch jung und naiv war. Aber das ist doch schon Jahre her. Würde ich auf Papier schreiben, hätte ich es zerknüllt.
Also habe ich mir verstört erst mal noch eine Tüte gebaut, ein paar alte Sachen von mir gelesen, deinen Text noch mal gelesen und mich noch mal hingesetzt. Es war nämlich echt komisch, ich hatte in letzter Zeit wirklich oft viele so kleine Ideen, aber fast nie was zu schreiben dabei, und dann habe ich auch selten das richtige Gefühl, nach dem Motto: Ja, jetzt könnte da was draus werden.
Naja, und dann kam, sogar durch einen kleinen Aufhänger aus deinem Text, eine winzige ans Licht gekrochen. Ich überleg mir noch, ob ich sie dir gleich schicke, mal schauen. Muss es mir selbst erst noch mal durchlesen.
Also, jetzt wird’s ernst. Texte aussuchen. Uiuiui, auf was hab ich mich da eingelassen – wiesbadener hardcorepublikum. was für einen dialekt spricht man dort eigentlich? ist man sauer, wenn über bestimmtes bier gelästert wird? verstehen die mich überhaupt? Mann, Mann, Mann (auch ein Filmzitat *g*). Aber ich werde versuchen, mein bestes zu geben, das muss allerdings nicht viel heißen :).
Gibt es einen Bierflaschen-Abwehrzaun so wie bei den Blues-Brothers? Oder strikten Pappbecher-Ausschank? Falls du noch für eine Anekdote Zeit hast:
Einmal, als ich in Roskilde war (dort bin ich in meiner Jugend fünf aufeinanderfolgende Jahre lang gewesen, Festivals, ach war das schön! und das beste: Ich werde dieses Jahr wieder auf ein Festival fahren. Mein letztes war 98. Und bei diesem Festival spielen auch Tomte. Kannte ich noch gar nicht, bis ich heute auf Fritz einen song von ihnen hörte. Respekt, Putzfrau M., da kann man auch mal seine Berufsehre zusammen mit dem Besen in die Ecke stellen, nachwuchs-tocotronic, und gar nicht schlecht, doch doch.) Abschweifen innerhalb einer Anekdote – entschuldige: also Roskilde-Festival, wir wollten um ein uhr (nachts) zum ministry-konzert. hatten noch zeit und kamen an der größten bühne vorbei. dort spielten- man glaubte es nicht, die sex pistols und versuchten ein comeback. und sie wurde wie wahre punks empfangen – mit bierflaschen. die alten herren zogen es dann vor, das konzert abzubrechen. so siehts mit den legenden aus. das nur kurz dazu. danke.
Drei Texte also gleich, okay, mal schauen. und dann erzählst du mir so nebenbei, dass ein 21jähriger berliner mich nachmacht und damit geld verdient! na ja, aber ich will ja auch gar kein pop sein, obwohl ich spiegel lese *g*.
übrigens, falls du einen bestimmten artikel suchst, sag bescheid, ich habe ein ganz ansehnliches archiv inzwischen…. Ich finde übrigens 11% ist doch schon ganz gut, obwohl ich echt nicht verstehe, wie eine roland-koch-cdu überhaupt noch stimmen bekommen kann, das ist doch echt traurig. wie kommt der überhaupt nach amerika? hihi, das war aber schon eine coole aktion. na ja, bei uns gibt es auch immer so lustige spassparteien fürs landesparlament: Zum beispiel KPD/RZ – Kreuzberger Patriotische Demokraten/Realistisches Zentrum, oder FAZ, als Gegenpartei zur KPD/RZ gegründet, weil Kreuzberg und Friedrichshain zusammengelegt wurden. FAZ heißt Friedrichshainer Amorphe Zentralisten. Die bekommen dann immer so zwei bis vier Prozent oder so, und als sie einmal unverhofft gewählt wurden, sind sofort alle zurückgetreten und haben von der Kohle ne Party geschmissen.
Du hast absolut recht, was die [Literatur-Website] und die nicht vorhandene Werbung betrifft. und auch so finde ich die umgestaltung auch gar nicht schlecht. ich bin ja auch schon ein wenig gespannt, was die neue anthologie so bringt. So, jetzt habe ich meinen neuen text noch mal gelesen, und da die straßenlaternen gerade ausgehen und die vögel anfangen zu singen, ist mein zustand so weit fortgeschritten, dass ich dir diesen text mit ranhänge. allerdings ohne jegliche gewähr, ich selbst find ihn irgendwie – na ja.
ich wünsche einen schönen tag, und stelle fest, in einer woche können wir all die fragen, die in den mails untergegangen sind, mal bei einem bier, oder whatever, klären. das stimmt mich froh.
bis demnächst
s.
ps. grüße an all die anderen, schließlich muss ich mich ja langsam beliebt machen 🙂
Datum: [Mai 2003]
Betreff:
Guten Abend Frau M.,
ich werde mich bemühen, den zeitpunkt des absendens dieser e-mail so zu wählen, dass man den inhalt noch für glaubwürdig befinden kann.
du siehst, ich bin schon wieder ganz schön spät dran – und schräg drauf. aber man soll es sich ja gut gehen lassen, und das tue ich dann auch. Eigentlich wollte ich schon spätestens vor zwei stunden eine antwort an dich verfasst haben, weil du willst ja auch wahrscheinlich langsam wissen, was sache ist. aber mich haben noch – achtung, tv-junkie-bekenntnis – zwei sendungen aufgehalten, schlimmerweise im musikfernsehen. aber so schlimm war es dann doch nicht, weil es schon relativ spät war, und je später die uhr, desto besser die sendungen. in der einen ging es um deutschpop – grausiger titel, meinte aber so sachen wie tocotronic und rocko schamoni und wurde von charlotte roche präsentiert, die ich für ziemlich fähig halte.
die zweite sendung beschäftigte sich in diversen interviews und musikvideos mit der scheinbar zur zeit unheimlich hippen underground-mainstream-band the white stripes. deshalb kann man die halb zurückgelehnte schreck-haltung, die man einnehmen würde, wenn jemand sagen würde, ich habe zwei stunden mtv und viva geschaut, aufgeben, oder? (natürlich gingen auch diverse musikvertiefende substanzen über in die blutbahn – daher bitte ein wenig verständnis für die verwirrten gedanken)
also, zur sache: unglaublich aber wahr, ich habe gestern in der bahn einen mitarbeiter der chinesischen botschaft getroffen, und der hat mich mit sars angesteckt, jetzt kann ich leider nicht kommen und kann an deiner lesung nicht teilnehmen. schade.
neenee, keine angst, du hast mich genug eingeschüchtert, ich bin dabei! und inzwischen habe ich auch fast all meine reisevorbereitungen getroffen, so dass ich ziemlich genau auskunft geben kann, hoffe ich: ich dachte, dass ich am mittwoch so am frühen abend, späten Nachmittag, such dir was aus, ankommen wollen würde, damit man noch genug zeit hat, bevor man irgendwo hingeht, zum slam oder so. also so circa fünf. man kann das ja nicht wirklich planen. und ich dachte auch bis vor kurzem, dass die entfernung berlin-frankfurt (tschuldigung, wiesbaden *g*) um die achthundert kilometer sein würde. dont ask me why. jetzt sagte mir ein schlauer internet-routenplaner, dass es nur knapp sechshundert kilometer sind, und davon über 90 prozent autobahn. also denke ich, dass ich nicht mehr als fünf-sechs stunden brauche, daher werde ich hier so um 12 losfahren. vielleicht verschätze ich mich ja auch total und gerate in eine dieser sagenhaften ferienreisekolonnen und brauche 23 stunden. mein plan aber ist, so zwischen fünf und sechs in der kleiststrasse in wiesbaden verzweifelt einen parkplatz zu suchen. meinst du es ist angesichts des geballten wissens eines internet-routenplaners und diverser stadtplandienste so kompliziert, die kleiststrasse zu finden, dass wir uns irgendwo treffen müssen? ich glaube, ich versuche meinen indianerinstinkt aus der kindheit wieder zu finden und auf den richtigen pfad zu kommen.
schwieriger wird es da schon mit dem erkennen, da hast du recht. aber du weißt ja ungefähr wie ich aussehe, und ein klingelschild wird mir ja auch erst mal weiterhelfen. allerdings kannst du mich ja auch total verarschen und ein kind aus der nachbarschaft dafür bezahlen, dass es sich eine tulpe ins knopfloch steckt und vorgibt, m. zu sein. aber so fies bist du glaube ich nicht.
ich bin jedenfalls gespannt aufs bezupfen und in die taschen gucken, und du kannst deinen leuten ja einfach sagen, dass du einen armen bekannten aus der ostzone kurzzeitig aufnimmst, das kam früher in der gegend glaube ich ganz gut, wie es jetzt ist, weiss ich nicht :-).
du siehst, ich bin gut gewappnet und reisefertig – dat klappt schon. allerdings bin ich noch nicht schlüssig, welchen text ich nehme, vielleicht den […], den ich dann in drei teile teile oder so. oder ich schreib noch was – es fließt gerade wieder, glücklicherweise. aber ich hab ja alles dabei, laptop und so. und der feiertag ist natürlich auch sehr gut, wenn das wetter dann noch stimmt, könnte das ein netter tag werden. na ja, alles weitere kann man dann ja vor ort bequatschen, was so generell an dem wochenende geht usw.
dein text für die lesung ist echt lustig, sehr gut! und danke für das lob, ich war über den perspektivenwechsel auch ein wenig überrascht, aber es ging ja irgendwie, war halt ein komischer abend, erst das mit den gedichten…. natürlich haben die sich nicht gereimt, das wäre ja noch schöner 🙂
so, dass war es erst mal, schließlich muss ich das zeitlimit ja einhalten…
bis übermorgen
s.
ps. wenn du übrigens meinst ich sollte meinen plan, was die zeit oder irgendwas anderes betrifft ( z.B. so vorwitzig sein und die kleiststrasse alleine suchen) ändern, dann sag es mir.