Nil nisi bene

Anfang Oktober, kaum Spätsommer, dafür Schmuddelherbst zur Genüge.

Keine Ahnung, was die auf diesen ganzen Baustellen genau machen, aber in den letzten Nächten, immer wenn ich die Friedrichstrasse entlang fuhr, zurück in den Wedding, hatte ich den Geruch des stinkenden Schlamms vom Toten Meer in der Nase. Vielleicht war es aber auch nur die Sehnsucht, oder die Vorfreude.

Die Hinwege fallen gerade meist leichter, was nicht allein daran liegt, dass es Richtung alte Heimat geht: Am Ufer entlang, kurz bevor die Sonne untergeht, immer noch einen Blick über die Schulter werfen, auf das Abendrot über den letzten Ruinen an der anderen Seite des Ufers. Hauptsächlich sind es aber wirklich die Menschen, wegen denen ich den Weg gerne auf mich nehme, erstaunlicherweise. Vielleicht sogar ein spezieller Mensch.

Immer wieder Überraschungen & neue Welten: Erst tauchte auf der rasanten Abfahrt, genau dort, wo es scharf & eng um die Ecke geht, kurz vor dem Anstieg zum Schiffbauerdamm, wie aus einem Zeitloch gesprungen ein Hochradfahrer auf. Knapp zweieinhalb Meter über dem Boden sitzend, komplett in Frack und Zylinder.

Das Highlight später am Abend wartete dann in dem (sowieso schon spektakulären) blinkenden Merchkoffer der Schweizer Surfband: Eine Art Fanzine, so sagen sie, aber eigentlich ist es ein großartiger kleiner Fotoband über die Punkszene in Indonesien. Wo sie Inseln besetzen, um Konzerte zu feiern, als ob es kein Morgen gäbe. Wobei das Heft angenehm an das Gestern erinnert, an die Little Mags, an die Zeit, als mich das noch viel mehr beschäftigte, als ich dafür zur Minipressenmesse fuhr und mir von Hadayatullah Hübsch ebendiese Welt erklären liess.

Jetzt also ein Neuanfang, das kann man wohl inzwischen so sagen, da gibt es kein Drumherum mehr. War natürlich nicht so geplant & schon gar nicht abzusehen, aber das ist bei Neuanfängen ja ein Allgemeinplatz. Trotzdem schön.

Ganz im Gegensatz zu einem anderen Kapitel, was sich geschlossen hat, leider endgültig. Viel zu selten war ich in den letzten Wochen, sogar Monaten dort, und daran war nicht nur die Sommerpause schuld. Sondern auch der Neuanfang, zugegeben. Da hilft es jetzt auch nichts mehr, sich wieder öfter an diesem Tresen blicken lassen zu wollen: Udo wird nie wieder dahinter stehen. Was ziemlich beschissen ist.

Auf diesen faulen Zauber hätte ich gut verzichten können, Anfang hin oder her.